In Zusammenarbeit mit Agropolis München
Konzept für urbane Initialräume in Freiham ist ein Projekt der Landeshauptstadt München, Referat für Stadtplanung und Bauordnung
Im Münchner Westen wird die Stadt München in den nächsten 20 Jahren den neuen Stadtteil Freiham für 20.000 Menschen entstehen lassen. Um in großmaßstäblichen Planungen auf der grünen Wiese städtische Vielfalt entstehen zu lassen, ist es entscheidend auf der Nutzungsebene bereits frühzeitig lokale Akteure einzubeziehen.
Wie ein Acker zu einem Stadtteil, einem Teil der Stadt werden kann, darüber bestehen unterschiedliche Ansichten. Genauso, wie es verschiedene Meinungen darüber gibt, was ein Stadtviertel so interessant macht, daß man überhaupt dort hinziehen möchte. In München sagt der Immobilienmarkt, sei das kein Problem: allein die Tatsache, das es freien Wohnraum gibt mache die neue Umgebung schon attraktiv. Die Siedlungsplanung sagt, es sollte all das geben, was man ihrer Ansicht nach überhaupt vorneweg planen kann: Infrastruktur. Schulen, Straßen, Geschäfte, Plätze, ÖPNV, Wohnraum müssen da sein und dann kommen die Menschen, hängen Gardinen auf, legen Brötchen in die Auslage, setzen sich auf Parkbänke und so wird dann fast von alleine Stadt daraus.
Für alle denen es reicht ihr Geld in eine Wohnung zu investieren in einem Haus, das vielleicht erst noch gebaut werden muss, mag die Beschreibung dessen was kommen wird ausreichen. Für Neuankömmlinge, die wirklich hier wohnen wollen bleibt das meiste aber erst mal ein Versprechen: es werde bald einen wirklich guten Italiener an der Ecke geben, die Lehrer an der Schule, die bald eröffnet, werden kompetent und sympathisch sein, das Ende des Baulärms, Ärzte, Strassengrün, Supermarkt, Musikschule, alles wird kommen. Die ersten Wohnpioniere eines neuen Stadtteils müssen Visionäre mit langem Atem sein. Menschen, denen das Versprechen eines schönen und funktionalen Wohnumfeldes mit den dazugehörigen Buntstiftzeichnungen ausreicht, um sich in das Wagnis Zukunft zu stürzen. Was aber, wenn das dynamische Milieu eines Stadtteils schon von sich hören gemacht hat, bevor das erste Haus gebaut wurde? Wenn der erste Spatenstich für das Pflanzen von Obstbäumen war und nicht für Betonfundamente? Wenn das öffentliche Leben vor der Infrastruktur, die Pflanzen für den Schulhof vor der Schule, das Orchester vor dem Gebäude der Musikschule, das erste Stadtfest vor dem Einkaufszentrum käme?
In der Studie Urbane Initialräume Freiham stellen wir Strategien vor, wie das öffentliche Leben in einem Stadtteil mitwächst und wie man Begeisterung für und Lust auf einen Stadtteil entstehen lassen kann. Ein ausgewogener Mix aus langfristig und kurzfristig angelegten Projekten, aus Kooperationen und Förderung von Eigeninitiative, aus Mitbestimmung und Inspirationen können Bewohnerinnen und Bewohner an einen Stadtteil binden, bevor ihre Wohnungen überhaupt gebaut sind. Durch die Vernetzung dessen, was da ist, mit dem was noch nicht da ist wird der Acker schon Teil der Stadt. Durch Aktionen, Diskussionen, Workshops und Interventionen wird das zukünftige Leben in einem Stadtteil besser illustriert als in jeder Computergrafik. Durch immer neue Wege der Finanzierung – nicht nur von städtischer Seite – ergeben sich für die Zukunft des Viertels vielfältige Gestaltungsoptionen.
Es geht nicht nur um Maßnahmen, die öffentlichkeitswirksam und kurzweilig sind. Es muss auch Projekte geben die langfristig in die Zukunft einer außergewöhnlichen Nachbarschaft weisen. Es braucht dafür Projekte, welche die zukünftigen Freihamerinnen und Freihamer davon überzeugt, das dies das Viertel sein kann, in dem sie mit ihren Familien die kommenden Jahre – auch während alles noch im entstehen ist – leben wollen. Und es braucht Prozesse, die durch neue Bewohnerinnen und Bewohner langfristig beeinflusst und gelenkt werden können.