Foto ©: Rainer Schlautmann

 

Eichbaumoper characterises the temporary transformation of the metro station Eichbaum into an opera house. ‚Eichbaum’ is a crosspoint and station located between the cities of Essen and Mülheim. Located in the eye of the highway intersection between the motorway A40 and the B1, this station was built using a lot of concrete in the 70’s as a fit for the future infrastructure project. Once considered as a place of aspiration and hope, the ‚Eichbaum’ is now shaped by vandalism, fear and foreboding. However, ‚Eichbaum’ is an important connection in an urban landscape that is dissected by highways and metro lines. At the same time, the site can be viewed as a model for the current situation of this former industrial region, facing urban and social challenges.

The place with its conditions was to become the starting point for contents and topics of the new opera. The newly built „Opernbauhütte“, on the square that was once a small market for potato farmers and the ‚egg granny’, stands out as an architectural symbol of reactivation and transformation and offers workshop space, conference room, bar, cinema, art gallery, meeting place, reading café, etc. The invited composers, librettists and local residents formed the opera. Their fears, hopes, dreams and memories went directly into the librettos, real world of everyday life started to merge with the artificial world of opera. In addition to the local peoples stories, the noise of the highway, the rhythm of the passing metro and the inhospitable spaces became the formative part of the „Eichbaumoper“, which performed in June and July 2009 in the grounds of our temporary opera house. Theatrical and urban spaces are no longer separated from each other. The „Eichbaumoper“, constructed from a neglected station became a theater in which there were no spectators, only actors and in addition to the artistic enjoyment of the spectacular moments of the newly formed Opera, a process of change was activated, which persists until today.

Premiere: 24th of June, 2009

 

Eichbaumoper bezeichnet die temporäre Transformation der U-Bahnstation Eichbaum in ein Opernhaus. Die Station ist Knotenpunkt und Haltestelle in der Zwischenwelt der Städte Essen und Mülheim. Im Auge des Autobahndreiecks zwischen der Autobahn A40 und der B1 gelegen ist diese Station mit viel Beton in den 70er Jahren, als zukunftsfähige Infrastruktur gebaut worden. Einst Ort des Aufbruchs und der Hoffnung ist Eichbaum heute geprägt von Vandalismus, Angst und Bedrohlichkeit. Dennoch ist die Station ein wichtiger Ort der Verbindung, der durch die Autobahn und U-Bahntrasse zerschnittenen Stadtlandschaft und hat Modellcharakter für die städtebaulichen und gesellschaftlichen Herausforderungen dieser ehemaligen Industrieregion im Wandel.

Der Ort selbst mit seinen Bedingungen sollte der Ausgangspunkt für die Inhalte und Themen der neuen Oper werden. Die neu installierte Opernbauhütte auf dem Vorplatz der Haltestelle, der einst gedacht war als kleiner Markt z.B. für den Kartoffelbauern und die Eier-Omi, wurde nun architektonisches Zeichen der Reaktivierung und der Transformation, wurde Werkstatt, Veranstaltungsraum, Bar, Kino, Kunsthalle, Treffpunkt, Lesecafe. Die eingeladenen Komponisten und Librettisten formten hier in Zusammenarbeit mit den Anwohnern die Oper. Ihre Ängste, Hoffnungen, Träume und Erinnerungen wanderten direkt in die Librettos. Reale Alltagswelt begann mit der künstlichen Opernwelt zu verschmelzen. Neben den Geschichten der Menschen wurden auch der Lärm der Autobahn, der Takt der vorbeifahrenden U-Bahn, die unwirtlichen Räume zu prägenden Teilen der Eichbaumoper, die im Juni und Juli 2009 vor Ort in dem temporären Opernhaus aufgeführt wurde. Der theatrale und der urbane Raum sind nicht mehr voneinander zu trennen. Die Eichbaumoper machte aus der verwahrlosten Haltestelle ein Haus, in dem es keine Zuschauer mehr gibt, sondern viele Akteure und neben den spektakulären Momenten des Kunstgenusses in der frisch entstandenen Oper wurde an diesem Ort ein Wandlungsprozess angestoßen, der bis heute andauert.

 

Die Eichbaumoper bezeichnet gleichermaßen:
1. Eine U-Bahnhaltestelle, die zum Opernhaus wird.
2. Kompositionen und Libretti, die dort geschrieben werden.
3. Ein Musiktheater, das an diesem Ort zur Aufführung kommt.
4. Anwohner, die an der Entstehung der Oper beteiligt sind.
5. Arbeitstechniken und Prozesse, die die Entstehung der Eichbaumoper organisieren.

 

Uraufführung: 24. Juni 2009

Weitere Vorstellungen: 26. bis 28. Juni 2009, 1. bis 4. Juli 2009

Eichbaum

„Eichbaum“ ist eine Haltestelle der U-Bahnlinie 18, die zwischen Essen und Mülheim verkehrt. Vor dreißig Jahren war die U18 mit ihren Haltestellen auf und unterhalb der A40 das Fanal der Moderne und markierte den Aufbruch in das neue, mobile Ruhrgebiet. Doch seitdem ist „Eichbaum“ ein problematischer Ort: Vandalismus, Überfälle und Vergewaltigungen häufen sich hier. „Eichbaum“ ist ein „Angstraum“, der schon lange auf eine Veränderung wartet. Bauliche Maßnahmen und Appelle blieben wirkungslos: der Ort widersetzt sich allen pragmatischen Zugriffen. Deshalb kann „Eichbaum“ nur durch eine Vision erlöst werden: „Eichbaum“ muss Oper werden.

 

Oper

In diesem Projekt geht es um die Verbindung von Architektur, Theater, Musik und Stadt. Aus den parallel verlaufenden Komponenten entwickelt sich die Eichbaumoper. Sie meint eine Auseinandersetzung mit dem Raum und seiner Architektur ebenso wie den künstlerischen Prozess seiner Transformation. Diese Transformation wird als vielschichtiger Prozess gedacht, in dem die Künste und Techniken sich gegenseitig fördern, anregen und bedingen. Das raumlaborberlin organisiert diesen Prozess als künstlerische Leitung.

Aus der Konzeption des Projektes ergeben sich zwei Arbeitsschwerpunkte: zum einen werden Künstler aufgefordert, Kompositionen und Libretti für diesen Ort zu entwickeln, zum anderen geht es im Austausch mit Anwohnern und Künstlern darum, die Haltestelle räumlich und sozial zu transformieren.

Als gemeinsamer Abschluss der beiden Strategien steht die Inszenierung der Eichbaumoper, in der sich bauliche und soziale Maßnahmen mit musiktheatralen Momenten verschränken. Die Schnittstelle für beide Produktionsprozesse bildet die Opernbauhütte.

 

Opernbauhütte

Die Opernbauhütte ist:
1. Büro/Arbeitsraum und Werkstatt der beteiligten Künstler.
2. Raum zur öffentlichen Vermittlung der Eichbaumoper.
3. Bühne, auf der Zwischenergebnisse der Arbeit präsentiert werden.
4. Seminar, in dem Fragen zur Oper und Kunst im öffentlichen Raum öffentlich diskutiert werden.
5. Experimentierfeld zur Auseinandersetzung mit dem Ort und den Menschen.
6. Labor zur Verbindung unterschiedlicher künstlerischer Strategien und Wahrnehmungen.
7. sichtbares Zeichen der Veränderung.

Bevor die Eichbaumoper eine Opernbühne und ein Stück Musiktheater wird, ist sie Prozess und Kommunikation, Forschung und Experiment, Gespräch und Begegnung. Der Ort, an dem all das zentral stattfindet, ist die Opernbauhütte, die raumlaborberlin in der Entwicklungsphase der Oper an der Haltestelle
errichtet hat. Die Opernbauhütte orientiert sich an den mittelalterlichen Dombauhütten, in denen die Gewerke, die mit dem Bau des Domes beauftragt waren, organisiert wurden. Sie ist der Raum, in dem die Gewerke und Künstler der Eichbaumoper arbeiten.

Schon vor der Premiere der Oper setzt eine kontinuierliche Transformation ein: die Anwesenheit der Künstler verändert den Ort, jedes Gespräch und jede Diskussion, die dort geführt werden, machen den Ort humaner. Ebenso verändert jede U-Bahn, die über die Schienen rast, den Rhythmus der Eichbaum-Kompositionen.

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Foto ©: Rainer Schlautmann

 

In diesem Projekt verbinden sich Strategien des erzählenden, biografischen Sprechtheaters mit denen des Musiktheaters und der Komposition. Interviews, Gespräche und Begegnungen mit den Menschen und dem Ort „Eichbaum“ bilden den wesentlichen Impuls der künstlerischen Arbeit. Dieses Ziel wird erreicht durch die Vergabe von drei Kompositionsaufträgen an Komponisten und Librettisten/Autoren, die unter besonderen Arbeitsbedingungen vor Ort die Oper entwickeln. Mit diesem methodischen Ansatz unterscheidet sich die Eichbaumoper von anderen zeitgenössischen Opernaufträgen. Die Oper besteht aus mehreren einzelnen Kompositionen und Texten, deren Gemeinsamkeit es ist, an Eichbaum entstanden zu sein und von diesem Ort und seinen Geschichten auszugehen. Um diese Bedingungen zu erfüllen, stehen der Aufenthalt der Künstler an diesem Ort und die Beschäftigung mit den Menschen und ihren Erfahrungen an „Eichbaum“ im Zentrum der Arbeit.

 

Drei Teams, bestehend aus jeweils einem Komponisten und einem Texter/Autor, setzen sich dem Ort Eichbaum aus. Sie erleben dort die Architektur und die speziellen Klänge, die Geräusche und den Lärm der Haltestelle. Im Laufe der Recherchephase werden ihnen Anwohner und U-Bahnnutzer und Passanten vorgestellt. Sie hören zum Beispiel die Geschichten der Schüler, die ihren täglichen Schulweg über Eichbaum nehmen. Oder sie treffen die Frauen, die nachts ängstlich durch die Haltestelle gehen müssen. Sie lernen die Anwohner aus der nahe liegenden Siedlung Heimaterde kennen, die Rentner und die Spaziergänger, die Mütter, die ihren Kindern das Spielen dort verbieten, die Pendler, die dort ein- und aussteigen, die Menschen, die seit Jahren auf eine Veränderung warten. So hören sie eine Vielzahl von Geschichten und Biographien, die sich an diesem einen Ort überschneiden. Sie kreuzen sich für einen Augenblick an dem Punkt Eichbaum und trennen sich wieder. Aus diesem Panorama Eichbaum wählt jeder Künstler seine Geschichte und seine Perspektive, die er zum Fokus seiner Arbeit macht. Die Texter/Autoren verarbeiten Geschichten zu Libretti, die Komponisten übersetzen Klänge, Emotionen und Erlebnisse in Musik. So entstehen drei autonome Teile, die von Eichbaum erzählen und gemeinsam zur Eichbaumoper werden. Die Regie, die die Leitung der Inszenierung Eichbaumoper übernimmt, ist als Teil dieses Prozesses zu denken.

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Foto ©: Guntram Walter

 

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Foto ©: Rainer Schlautmann